Berichte von 12/2022

Der Ukraine Krieg ist auch in Kenia angekommen

Montag, 19.12.2022

Hallo ihr Lieben,

Seit Februar diesen Jahres steht die Welt auf dem Kopf. In der Ukraine, mitten in Europa, ist ein Krieg ausgebrochen, der uns alle zu tiefst erschrocken hat. Die Auswirkungen dieses Krieges bekommen wir alle zu spüren. Sei es durch die gestiegenen Lebensmittelpreise, die Verteuerung von Strom oder durch die Notwendigkeit des Sparens von Gas. Auch die Menschen in Kenia leiden unter dem Krieg in der Ukraine, obwohl dieser viele tausend Kilometer entfernt ist. Welchen Einfluss der Krieg auf die Menschen in Kenia hat, möchte ich euch in diesem Beitrag berichten.

Eine der massivsten Auswirkungen hat der Krieg in Bezug auf Nahrungsmittel. Wir alle haben verfolgt, dass das Getreide nur notdürftig aus der Ukraine in die Welt verschifft werden kann. Dabei stellen die Ukraine und Russland die beiden wichtigsten Liferanten für Getreide für den afrikanischen Kontinent dar. Die Knappheit von Getreide und anderen Grundnahrungsmitteln ist daher in vielen afrikanischen Ländern ein großes Problem. Auch in Kenia zeigen die Auswirkungen des Krieges drastische Spuren. So sind die Preise für die Grundnahrungsmittel Mais, Bohnen, Speiseöl und Weizen sowie für Düngemittel seit Kriegsbeginn um ca. 60% gestiegen. Diese Preissteigerungen haben massive Folgen für die häufig ärmliche Bevölkerung und verändern die Lebensbedingungen grundlegend. Viele Familien können sich die Grundnahrungsmittel nur noch bedingt leisten. Es wird immer schwerer die eigene Familie zu ernähren.

Die Preissteigerungen stellen auch die Franziskanermissionare in Subukia vor große Herausforderungen. Müssen sie doch jeden Monat Nahrungsmittel für mehr als 700 Menschen bereitstellen. Alleine in der St. Francis Secondary School leben 450 Jugendliche, die jeden Tag etwas zu Essen benötigen. Die Jugendlichen sind im schuleigenen Internat untergebracht und erhalten so neben guter Bildung auch ein Dach über dem Kopf und eine warme Mahlzeit am Tag – was einen enormen Luxus für Kenia darstellt. Um die Versorgung der Schulgemeinde sicherzustellen, haben sich die Franziskaner zusammen mit der Schulleitung vermehrt um die Gestaltung des Schulgarten gekümmert. Durch den Anbau von eigenem Obst und Gemüse z.B. Mais, Spinat und Bananen sowie das Halten von Kühen sollen die explodierenden Kosten für Lebensmittel wenigstens etwas abgefangen werden. „Mittlerweile müssen wir z.B. keinerlei Milch mehr zu kaufen, da unserer Kühe genug Milch für die gesamte Schule geben“ erklärte die Schulleiterin bei einem Gespräch. Durch die Mitarbeit im Garten erhalten die SchülerInnen auch die Möglichkeit, Kenntnisse im Umgang mit Tieren und im Anbau von Lebensmitteln zu erhalten. Sie können ihre im Unterricht theoretisch erworbenen Fähigkeiten anwenden und lernen zudem Verantwortung zu übernehmen. Bedenkt man, dass der Großteil der kenianischen Bevölkerung eigene Felder besitzt und diese bewirtschaftet, erwerben unsere SchülerInnen also auch Fähigkeiten, die sie zu Hause in ihre Familien weitertragen und so hoffentlich langfristig zu einer ertragreicheren Ernte beitragen können. Der größte Teil der Lebensmittel wird jedoch von den Franziskanern von den vor Ort ansässigen Kleinbauern bezogen. Dadurch bleibt die Wertschöpfung in der Region und die Bauern vor Ort haben ein geregeltes Einkommen.

 

Die gestiegenen Preise haben auch massive Auswirkungen auf, die sonst gut funktionieren dörflichen und familiären Hilfssysteme. In der Vergangenheit war es so, dass sich die Familienmitglieder gegenseitig unterstützten und auch die Dorfgemeinschaften Menschen in Not halfen. Diese Hilfssysteme brechen immer mehr zusammen, da viele Menschen gerade einmal sich selbst und ihre Kinder ernähren können. Hierzu ein Beispiel, was die Situation vielleicht besser beschreibt. Bei meinem Besuch in Subukia ist uns ein 15-jähriges Mädchen aufgefallen, das sehr unterernährt wirkte und dreckig war. Das Mädchen erzählte uns, dass ihre Eltern gestorben seien und ihr großer Bruder in die Stadt gegangen sei, um dort einen Job zu finden. Das Mädchen sollte eigentlich bei ihrem Onkel leben. Doch dieser habe sie weggeschickt, da er nicht in der Lage sei, sie zu ernähren. Seitdem lebe sie im Busch und bettele für Essen. Nachdem den Franziskanern das Mädchen aufgefallen war, besuchten sie den Onkel, um die Situation besser einschätzen zu können. Dieser erklärte, er habe sechs eigene Kinder und sei arbeitslos. Durch die ausbleibende Regenzeit wäre auf seinen Feldern nichts gewachsen und er müsse zuerst an seine Familie denken, bevor er die Kinder seines Bruders auch noch mitversorgen könne. Daraufhin unterstützten die Franziskaner die Familie mit einer Lebensmittelspende. Diese soziale Ausgrenzung ist  mir in den letzten Jahren in Kenia so noch nirgends begegnet und daher war ich ziemlich schockiert. Man könnte jetzt denken, dass Ganze ist ein Einzelfall, doch die Franziskanermissionare berichteten, dass diese Fälle aufgrund der hohen Kosten für Lebensmittel zunehmen. Dieses Beispiel zeigt, wie die weltweiten Konflikte auch auf die ärmsten Menschen Einfluss nehmen und welche massiven Folgen sie für diese haben.